Besatzungsstatut

Besatzungsstatut
Be|sạt|zungs|sta|tut 〈n. 271949 beschlossene Grundregelung des Besatzungsrechtes in Westdeutschland

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Be|sạt|zungs|sta|tut, das:
Statut zur Regelung der Rechtsverhältnisse zw. einer Besatzungsmacht u. dem von ihr besetzten Staat.

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I
Besatzungsstatut,
 
die am 8. 4. 1949 abgeschlossene Grundregelung des Besatzungsrechts im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, trat am 21. 9. 1949 in Kraft.
 
Vertreten durch die Alliierte Hohe Kommission, räumten Frankreich, Großbritannien und die USA (im Rahmen ihres Anspruchs auf Ausübung der »obersten Gewalt«) der Bundesrepublik Deutschland und ihren Ländern die gesetzgebende, vollziehende und Recht sprechende Gewalt ein. Alle Gesetze waren jedoch einem Einspruchsrecht der Besatzungsmächte unterworfen; die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten, Entwaffnung und Entmilitarisierung, Änderung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen, Kontrolle des Ruhrgebiets, Dekartellierung und Überwachung des Außenhandels blieb den Besatzungsmächten direkt vorbehalten.
 
Durch die Generalklausel des Art. III behielten sich Frankreich, Großbritannien und die USA vor, jederzeit die volle oberste Gewalt im Bereich der Bundesrepublik Deutschland wieder zu übernehmen, wenn sie dies zur Erhaltung ihrer Sicherheit oder der demokratischen Ordnung in Deutschland oder zur Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen für erforderlich erachteten.
 
Mit der Revision des Besatzungsstatuts (6. 3. 1951 entfiel das vorangehende Prüfungsverfahren für deutsche Gesetze, die Möglichkeit ihrer nachträglichen Aufhebung durch die Besatzungsmächte blieb jedoch bestehen. Die Bundesrepublik Deutschland erhielt allerdings das Recht auf Führung einer selbstständigen Außenpolitik.
 
Der Deutschlandvertrag (1952), der 1955 im Rahmen der Pariser Verträge in Kraft trat, hob das Besatzungsstatut auf. Damit gingen die meisten der den Besatzungsmächten zustehenden Rechte auf die Bundesrepublik Deutschland über. Als Besatzungsvorbehalte blieben den früheren Besatzungsmächten jedoch ihre Rechte in Berlin und in Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen, bis zur Erklärung der vollen Souveränität Deutschlands im Zuge der Wiederherstellung der deutschen Einheit (»Zwei-plus-Vier-Vertrag« vom 12. 9. 1990 und »Suspendierungserklärung« vom 1. 10. 1990; deutsche Geschichte) erhalten; die ihnen eingeräumten Notstandsbefugnisse waren schon mit In-Kraft-Treten der Notstandsgesetze (Notstandsverfassung) 1968 erloschen. Ablauf beziehungsweise Fortdauer von Rechten auf Stationierung von Truppen in Deutschland nach dem 3. 10. 1990 wurden gesondert festgelegt (Besatzungstruppen).
II
Besatzungsstatut
 
Wenige Wochen vor dem In-Kraft-Treten des Grundgesetzes, am 10. April 1949, wurde der Parlamentarische Rat über das auf der Außenministerkonferenz in Washington ausgearbeitete Besatzungsstatut informiert, das nie offiziell übergeben wurde, aber am 21. September 1949 in Kraft trat.
 
Durch das Statut erhielten Bund und Länder die volle gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende Gewalt übertragen. Die Besatzungsmächte behielten sich aber bei einigen Sachgebieten die Zuständigkeit vor: »Abrüstung und Entmilitarisierung, einschließlich der damit zusammenhängenden naturwissenschaftlichen Forschungsgebiete, der Verbote und Beschränkungen für die Industrie und die zivile Luftfahrt; Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Ruhr, Rückerstattungen, Reparationen, Dekartellisierung, Entflechtung, Nicht-Diskriminierung im Geschäftsverkehr, ausländische Vermögenswerte in Deutschland und vermögensrechtliche Ansprüche gegen Deutschland;
 
Auswärtige Angelegenheiten. ..;
 
Verschleppte und die Zulassung von Flüchtlingen;
 
Schutz, Ansehen und Sicherheit der alliierten Streitkräfte. ..;
 
Beachtung des Grundgesetzes und der Landesverfassungen;
 
Kontrolle über Außenhandel und Devisenwirtschaft. ..«
 
Die Besatzungsbehörden behielten sich jedoch auch das Recht vor, die »Ausübung der vollen Regierungsgewalt ganz oder teilweise wieder aufzunehmen, wenn sie der Ansicht sind, dass dies aus Sicherheitsgründen oder zur Aufrechterhaltung der demokratischen Regierungsform in Deutschland. .. unumgänglich ist«.
 
Die Besatzungsmächte sprachen aber auch ihre Bereitschaft aus, nach zwölf Monaten das Statut zu überprüfen mit dem Ziel, »die Zuständigkeit der deutschen Behörden. .. zu erweitern«. Seit 1951 wurden die Vorbehaltsrechte der Alliierten weiter abgebaut; am 5. Mai 1955 wurde mit In-Kraft-Treten der Pariser Verträge, in die die Bestimmungen des Deutschlandvertrages eingingen, das Besatzungsstatut aufgehoben.

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Be|sạt|zungs|sta|tut, das: Statut zur Regelung der Rechtsverhältnisse zw. einer Besatzungsmacht u. dem von ihr besetzten Staat.

Universal-Lexikon. 2012.

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